HOME
ICH UEBER MICH
GAESTEBUCH
BAUMKREIS ALLGEMEIN
BAUMKREIS DER KELTEN
HEILSTEINE ALLGEMEIN
HEILSTEINE DER BIBEL
BONSAI & psych.THERAPIE
ATELIER & THERAPIERAUM
BILDER - GALERIE
BONSAI - GALERIE
BONSAI - GALLERY
FOTO - ALBUM
FOTO - GALLERY
S H O P
ELFENWELT
LINKS
BESONDERES
GESCHICHTEN & GEDICHTE
WINTERMAERCHEN
NORDIC WALKING
GEDICHTE
PHILOSOPHIE
IN MEMORIAM
IMPRESSUM
 


Foto by Alfredo Pietro 08

An diesem winterlichen Nachmittag sass ich am Pult und war mit dem Schreiben einer kleinen Geschichte beschäftigt. Ich folgte also mit meinem Schreibstift meinen Gedanken über die Bäume als ich einen feinen Ruf vernahm. Hatte ich mich da verhört oder täuschte ich mich tatsächlich nicht? Es hörte sich an wie eine innerliche Stimme die mich zu einer kleinen Wanderung aufforderte oder war es vielleicht der Ruf einer Elfe? Die Geschichte hatte noch Zeit und ansonsten lagen für heute keine Verpflichtungen vor. Nichts hielt mich zurück an diesem Nachmittag, also legte ich den Stift beiseite. Spontan zog ich mir also die Winterjacke über, kuschelte mich in den Schal, zog die Mütze über meine Glatze und vertauschte die Turnschuhe mit den Wanderschuhen. Draussen erwartete mich Kälte und eine leichte Biese, doch der Elfenruf war stärker als der Gedanke an die häusliche Wärme.

Foto by Genotec.chSo folgte ich einer innerlichen, rätselhaften Orientierung und hinterliess meine im Schnee knirschenden Spuren. Dieser Teil des Wanderweges war mir bekannt, bald würde ich ein ebenes Hochplateau erreichen. Hier standen riesige Tannen im Abstand von einer Strassenbreite bis zu einem Drittel eines Fussballfeldes. Durch ihren grosszügigen Abstand ist jede einzelne Tanne zu einem majestätischen Individuum herangewachsen. Bei vielen bräuchte es mindestens drei Menschen um den Stamm zu umarmen. Kein Baum ist dem andern gleich, jeder zeigt sich in einer ganz besonderen Eigenheit.

Foto by Alfredo Pietro 08Etwas haben aber diese ungewohnt grossen Tannen gemeinsam, sie alle strahlen eine magische, intensive Kraft aus die mich sogar körperlich durchdringen scheint. Ich empfinde tiefen Respekt und gross Ehrfurcht, solches wahrnehmen zu dürfen denn viele Menschen bemerken nicht einmal die Eindrücklichkeit dieser Tannen, geschweige noch ein Kraftfeld. Für mich ist es jedes mal ein ganz besonderes Erlebnis und spezielles Gefühl zwischen diesen altehrwürdigen Bäumen zu wandern. Kein Unterholz hält den Wanderer auf und die Schnee bedeckte Waldwiese schmiegt sich im Sommer ganz nahe an die Bäume. Unter den Ästen der mächtigen Tannen jedoch ist auch bei Schnee die nackte Erde zu sehen in die sich die eindrücklichen Wurzeln tief hinein verankert haben. 

Am Ende dieses staunenswerten Naturphänomen verläuft nun der Wanderweg leicht aufwärts der Sonne entgegen. Doch spontan, meiner innerlichen Stimme folgend verliess ich den Wanderweg. Obwohl ich mich hier nicht auskannte war ich mich der Richtung völlig sicher. Also stiefelte ich weiter durch den fusshohen Schnee in Richtung des üppigen Unterholzes eines beginnenden Mischwaldes. Doch das Unterholz versperrte mir das Voranschreiten nicht, denn als ich schon ganz nahe war, öffnete sich eine Schneise wie ein freier Weg mitten durch den dichten Wald. So leise wie möglich setzte ich einen Fuss vor den andern, wollte nicht stören, als bewegte ich mich in einem Dom oder einem Tempel. Hunderte Vögel sangen und zwitscherten um mich herum ihre Lieder, liessen sich von meinem vorsichtigen Schreiten nicht stören. Sie hüpften lebensfreudig von Ast zu Ast und manchmal drang das leise Schwirren ihrer Flügel in meine Ohren. In mir machte sich eine tiefe Dankbarkeit breit und erfüllte meine Sinne mit Freude. Hatten mich die Vögel vielleicht angesteckt? Im Unterholz raschelte und knackte es geheimnisvoll. Es waren wohl Tiere, vielleicht ein Eichhörnchen oder gar Zwerge und Waldwesen die mir gut gesonnen sind.

Foto by Alfredo Pietro 08Ich verspürte eine mystische Stimmung zwischen all diesen knorrigen Büschen und ausladenden Baumwurzeln.
Vor mir im Schnee erkannte ich überall Spuren der heimischen Waldbewohner. Die Spur des Fuchses, der am Ende seiner Abdrücke jeweils mit seinem Schwanz einen feinen Streifen zwischen seinen Spuren in den Schnee zeichnet. Die verhältnismässig grossen Hufabdrucke eines Hirsches der hier vorbeigezogen ist. Zarte Eindrücke der Rehe die scheu durch die Wälder huschen. Deutlich erkannte ich auch die Pfotenabdrucke eines Dachses der die Rehspuren kreuzte. Am Ende neben all den Spuren im Schnee die typischen Läufe eines Hasen. Meister Lampe schien es wieder sehr eilig gehabt zu haben, vielleicht hat er ja den Fuchs gerochen. Alle waren hier gewesen und ich sah sie im Geiste durch den Wald huschen, stets darauf bedacht nicht von den Menschen gesehen zu werden,- es könnte ja auch mal ein Jäger unter ihnen sein. Nun kamen also auf dem Weg durch die Waldschneise noch meine Menschenspuren hinzu, es war wie das fehlende Teil einer Gemeinsamkeit. Gemeinsam haben wir nämlich alle etwas gleiches, die Lust an das Leben selbst. 

Immer wieder blinzelte die Sonne freundlich zwischen den Zweigen herunter, erhellte auf zauberhafte Weise den nun immer dichter werdenden Wald. Ich erreichte eine ebene Anhöhe, blieb stehen und entschloss ich mich für eine Atempause. Als ich mich umschaute um mich zu orientieren stand ich mitten in einer kleinen Waldlichtung, über mir ein Stück stahlblauen Himmel inmitten der Kronen mächtig hoher, schlanker Tannen. Sie waren ganz anders als jene im freien Feld die ich kannte. Langsam drehte ich mich im Kreise, bestaunte die hohen, der Sonne zustrebenden Bäume und empfand dabei eine starke, freundliche, wohlwollende und Sicherheit vermittelnde Kraft die mich durchdrang. Rings um mich herum standen  dicht an dicht die hohen, aufrechten, wunderschönen Tannen wie ein magischer Kreis um die Lichtung. Es war als redeten sie mit mir, oder war es vielleicht die kleine Elfe die mich vor langer Zeit aus der Abgeschlossenheit meines Schreibzimmers gelockt hatte?

Foto by Alfredo Pietro 08Jedenfalls konnte ich mich eines wunderbaren Gefühls von Gemeinsamkeit, Geborgenheit, Frieden, Stille und Freundlichkeit nicht erwehren, wollte es ja auch gar nicht, sog es vielmehr in mich auf wie ein trockener Schwamm der ins Wasser gelegt wird. Staunend wie ein Kind stand ich voller Ehrfurcht in mitten dieses Tannenkreises und lauschte dem Raunen des Windes in ihren Kronen. Er wiegte die riesigen Tannen sachte hin und her und erzählte von seinen Wegen über Hügel und Dörfer, Seen, Berge und Weiden, Ebenen, Wälder und Felsen. Er erzählte sanft raunend von den mächtigen Tannen des  Hochplateaus und brachte den Tannen des Waldes ihre Grüsse mit.

Das ist mein persönliches Wintermärchen das ich in meinem Leben nicht missen möchte. Wer dies auch erleben will, muss sich aus seinem warmen Zimmer in die Kälte wagen, offen für neue Gefühle und lauschend den Stimmen der Natur. Und wenn Er/Sie besonders aufmerksam in sich hineinhört, ist vielleicht auch der leise Ruf der Elfe zu vernehmen.

 

EpilogEinige Monate später interessierten sich meine Freunde für diesen Ort und wir unternahmen an einem schönen Sonntag einen Ausflug in das Gebiet der grossen Tannen. Ich führte die Gruppe genau an den Ort wo die Schneise sein musste. Doch wir fanden niergens eine Schneise durch den Wald und nachdem wir uns mühsam durch das Unterholz gekämpft hatten ebenso wenig einen magischen Tannenkreis.

Alfredo Pietro Februar 08